Wie vertragen sich Hitze und Arbeit?
Der Klimawandel macht auch vor der Arbeitswelt nicht halt: Immer häufiger sorgen extreme Temperaturen für belastende Arbeitsbedingungen – mit erheblichen Auswirkungen auf Gesundheit, Sicherheit und Leistungsfähigkeit. Besonders relevant wird dabei die Verbindung von Hitze und psychischer Belastung: Denn Hitze beeinflusst nicht nur das körperliche Wohlbefinden, sondern auch das emotionale Gleichgewicht und die mentale Leistungsfähigkeit. Arbeitgeber*innen und Verantwortliche im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) stehen daher vor der Herausforderung, gesetzliche Rahmenbedingungen einzuhalten und gleichzeitig präventiv zu handeln. Dies trifft insbesondere zu angesichts der neu angekündigten Hitzeschutzverordnung, welche bereits ab 2026 greifen wird.
Was gilt derzeit rechtlich (2025)?
ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG)
Das ASchG bildet die rechtliche Basis für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in Österreich. Es verpflichtet Arbeitgeber*innen, Gefährdungen wie Hitze zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu treffen (§ 66 ASchG), ohne jedoch konkrete Temperaturen vorzuschreiben.
Arbeitsstättenverordnung (§ 28 AStV)
In der AStV sind Mindest- und Höchsttemperaturen in Arbeitsräumen festgelegt (§ 28 AStV):
- 19–25 °C bei leichter körperlicher Belastung
- 18–24 °C bei normaler Belastung
- 12 °C bei hoher Belastung
Liegt keine Klimaanlage vor, müssen organisatorische und technische Maßnahmen ergriffen werden, z. B. Lüften, Beschattung, Ventilatoren, Getränkebereitstellung, Anpassung oder Lockerung der Bekleidungsvorschriften oder weitere Maßnahmen.
Sonderregelungen für harte Hitzearbeit
Bau‑Regelung bei über 32,5 °C („Hitzefrei am Bau“)
Am Bau gilt bei über 32,5 °C Außentemperatur (Schattenmessung) eine Sonderregelung: Arbeitgeber*innen dürfen die Arbeit einstellen. Arbeitnehmer*innen erhalten dabei 60 % des Lohns über das BUAK-Modell („Sechziger“). Die Entscheidung darüber, ob bei diesem sog. „Schlechtwetter“ gearbeitet wird oder nicht, liegt beim Arbeitgeber.
Schwerarbeitsverordnung bei Hitze
In der Schwerarbeitsverordnung gelten Tätigkeiten bei dauerhafter Hitze als Schwerarbeit – relevant z. B. für Hitze in Kombination mit körperlicher Belastung.
Was bewirkt die Hitzeschutzverordnung (ab 2026)?
Wesentliche Inhalte
Zum Zeitpunkt des geplanten Inkrafttretens der neuen Verordnung, ab 01. Jänner, 2026, wird es die meisten Menschen vermutlich nicht besonders interessieren: Es wird eher mit winterlichen Temperaturen zu rechnen sein. Doch die nächste, mögliche Hitzewelle wird vermutlich nicht zu lange auf sich warten lassen. Daher trifft die neuartige Hitzeschutzverordnung in Erscheinung:
- ab Warnstufe 2 (≥ 30 °C laut GeoSphere Austria) werden verbindliche Hitzeschutzpläne verlangt
- technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen vorgeschrieben
- erstmals Kontrollbefugnisse für die Arbeitsinspektion geltend
- Kühlung in Krankenkabinen und Fahrzeugen gesetzlich bindend
Übergangsfristen & Umsetzung
Die Verordnung wird ab Sommer 2025 in Begutachtung gehen. Ab 2026 werden gewisse Übergangsfristen gelten, die ausreichend Zeit für Nachrüstung und Schulung gewährleisten sollen, in den jeweiligen Klein- bis Großbetrieben österreichweit.

Welche Maßnahmen können helfen beim Hitzeschutz?
Die technischen, organisatorischen & persönlichen Maßnahmen (gemäß TOP‑Prinzip) sind allzu bekannt in der Sphäre des ArbeitnehmerInnenschutzes. Auch für den Hitzeschutz ist das Prinzip von zentraler Bedeutung.
TOP-Prinzip
Technische Maßnahmen
- Beschattung durch Sonnensegel, Schirme, mobile Zelte – bei Aufenthalten im Außenbereich
- Hebehilfen oder Transportmittel zur Reduzierung manueller, körperlicher Belastung
- Kühlzonen, klimatisierte Pausenbereiche oder ventilierte Krankenkabinen
Organisation & Pausengestaltung
- Arbeitszeitverlagerung in kühlere Morgen- oder Abendstunden
- Verkürzung schwerer Arbeiten in Spitzenstunden
- Zusätzliche und längere Pausen in kühlen Bereichen
- Nachtlüftung, Jalousien, Ventilatoren (Regeln zur Vermeidung von zu warmer Zugluft sind wiederum zu beachten)
Persönliche Schutzmaßnahmen & Erste Hilfe
- Bereitstellung von Trinkwasser (alle 15–20 Min ca. 200 ml) oder Elektrolytgetränken
- UV-sichere, luftdurchlässige Kleidung, Kopfbedeckung, Sonnencreme, Sonnenbrille
- Kühlwesten, Handtücher, Handschuhe bei heißen Oberflächen
- Erste-Hilfe-Richtlinien bei Hitzekollaps oder Hitzschlag: Kühlung, Schatten, Rettungskette informieren
Psychische Auswirkungen von Hitze am Arbeitsplatz
Die Auswirkungen durch psychische Belastungen aufgrund hoher Temperaturen sind nicht zu vernachlässigen. Das sind mögliche direkte und indirekte Beanspruchungsfolgen, die es zu vermeiden bzw. zu reduzieren gilt:
Konzentrationsverlust & Unfallrisiko – Hitze reduziert die Leistungsfähigkeit und erhöht Fehlerhäufigkeit oder Unfälle – Studien zeigen Leistungsabfall um 30–70 % an sehr heißen Tagen.
Stärkere Fehlbeanspruchungen (Stress, Aggression) – Lang andauernde Hitze, insbesondere in Innenräumen, kann psychische Fehlbeanspruchungen verstärken – nicht nur Müdigkeit, sondern auch Stress, irritiertes Verhalten und allgemeine psychische Beanspruchung, die sich in aggressivem Verhalten ausdrücken kann.
Wie können sich Unternehmen gezielte Unterstützung einholen?
- Arbeitsplatzevaluierung & Maßnahmenberatung: Die Berücksichtigung von Hitzerisiken in der Arbeitsplatzevaluierung bzw. Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung beachtet auch wesentliche psychosoziale Faktoren wie Stresserleben, Führung, Verantwortung & mehr, um geeignete Maßnahmen setzen zu können.
- Schulung, Kommunikation & Sensibilisierung: Kompakte Workshops und Kommunikationsmaßnahmen setzen Hitze als Thema auf die Agenda. Sensibilisierung für Symptome, Verhaltensregeln, klimarelevante Anpassungen kann auch im Rahmen eines Gesundheitstages verbunden werden.
- Psychologische Interventionen: Angebote zum Stressmanagement, arbeitspsychologisches Coaching und weitere Maßnahmen zur Förderung von Erholungskompetenz im beruflichen Alltag können Teams bzw. Betriebe helfen, auch bei hohen Temperaturen mental stabil zu bleiben, speziell dann, wenn erhöhte, körperliche Belastungen eine zusätzliche Rolle spielen.
Fazit & Empfehlungen:
Viele Unternehmen nutzen bereits jetzt Merkblätter wie „AUVA M.plus 012 Sommerliche Hitze – Präventionsmaßnahmen“ oder beginnen frühzeitig mit der Entwicklung von Hitzeschutzplänen in Vorbereitung auf das Inkrafttreten der geplanten Hitzeschutzverordnung (ab 2026), um rechtzeitig geschult und auditfähig zu sein. Die Handlungsempfehlung für Arbeitgeber*innen und BGM‑Verantwortliche lautet, besser früher als später auf den kommenden Sommer 2026 vorbereitet zu sein. Es empfiehlt sich bald aktiv zu werden, um zukünftige technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen zu eruieren, zu budgetieren und rechtssicher abzubilden, vor der möglichen Offensive durch die zuständige Kontrollbehörde und bevor zukünftige Hitzeperioden die eigene Belegschaft zusätzlich belasten werden.
FAQs zum Hitzeschutz am Arbeitsplatz (in Österreich)
- Gibt es ein Recht auf „Hitzefrei“ am Arbeitsplatz?
Im Büro oder Lager nein – nur auf Baustellen ab 32,5 °C kann der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin die Arbeit einstellen und 60 % Entgelt zahlen (BUAK).
- Welche Temperaturgrenzen gelten in Arbeitsräumen?
19‑25 °C bei geringer körperlicher Belastung, 18‑24 °C bei normaler Belastung, mind. 12 °C bei hoher Belastung (§ 28 AStV).
- Ab wann müssen Hitzeschutzpläne erstellt werden?
Ab 1. Jänner 2026: bei Warnstufe 2 (≥ 30 °C laut GeoSphere Austria) sind verbindliche Hitzeschutzpläne gesetzlich vorgeschrieben.
- Wer kontrolliert die Einhaltung der Schutzmaßnahmen?
Erstmals wird die Arbeitsinspektion ab 2026 kontrollieren dürfen, ob Hitzeschutzmaßnahmen umgesetzt wurden.
- Welche Informationen gehören in einen Hitzeschutzplan?
Die Definition von Verantwortlichkeiten, Messsysteme, technische/organisatorische/persönliche Maßnahmen, Unterweisung, Akklimatisierung, Erste Hilfe (vgl. AUVA Merkblatt M.plus 012).
- Welche psychologischen Faktoren sind zu beachten beim Hitzeschutz?
Neben körperlichen Belastungen sind Beanspruchungsfolgen wie Konzentrationsverlust, Stress, Aggression, mentale Erschöpfung relevante Aspekte – besonders bei zugleich hoher Hitze und fordernder Tätigkeit (beispielsweise in den Bereichen Bau, Produktion, Pflege)
Autor
Daniel Ott-Meissl, MSc
Arbeits- und Organisationspsychologe
Co-Founder & Geschäftsführer WorkPlaceHealth
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